Zukünftige Mobilität gestalten – wichtige Weichenstellungen vornehmen

1. Der Landtag stellt fest:
Die Mobilität der Zukunft ist ein vielfältiges System:
Ein funktionierendes und leistungsfähiges Mobilitätsangebot wird gerade im ländlichen Raum mehr und mehr zur Existenzfrage.
Der Verkehrssektor steht inmitten einer Revolution: neue Verkehrsangebote, intelligente Infrastrukturen, Elektromobilität, Autonomes Fahren und andere Innovationen konfrontieren die Verkehrspolitik mit vollkommen neuen Herausforderungen. Mobilitätskonzepte der Zukunft vernetzen Verkehrsträger, vor allem umweltfreundliche Alternativen wie Bahn, Bus, Radfahren, Carsharing, Bikesharing, Bürgerbusse, Autonomes Fahren und das Zu-Fuß-Gehen.
Die beschriebenen Veränderungen verdrängen zunehmend etablierte Strukturen und zwingen Politik und Verkehrsunternehmen, neu zu denken. Gerade im ländlichen Raum kann mit neuen Angeboten Mobilität gesichert werden.
Dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auf Schiene und Straße kommt hier sicherlich eine Schlüsselrolle zu. Rund 270 Millionen Fahrgäste nutzen jährlich den Nahverkehr in Rheinland-Pfalz. Nur durch eine Stärkung des ÖPNV und SPNV und einem intelligenten Zusammenspiel aller Verkehrsträger wird es in Zukunft möglich sein, für alle Menschen eine effiziente und umweltschonende Mobilität sicherzustellen.
Eine Informationsplattform als kundengerechtes Angebot schaffen:
Um den Personennahverkehr nachhaltig zu stärken, müssen wir die verschiedenen Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen bei der Bereitstellung eines attraktiven Angebots durch die Schaffung bestmöglicher Rahmenbedingungen unterstützen. Dazu bedarf es eines funktionierenden und leistungsstarken Verkehrswegenetzes (Straße, Schiene, Wasserstraße) sowie einer ganzheitlichen Verkehrspolitik, die die Belange des Personennahverkehrs stärker als bisher berücksichtigt. In diesem Zusammenhang wäre es zu begrüßen, wenn Rheinland-Pfalz bei der Schaffung einer verbund- und länderübergreifenden Plattform (beispielsweise nach dem Vorbild der Vernetzungsinitiative „Mobility inside“), auf der alle Verkehrsangebote angezeigt und in einem Schritt gebucht werden können, eine Vorreiterrolle einnehmen würde. Diese Plattform müsste die Bereiche „Informationsangebote“, „Routenplanung“, „Buchungs- und Bezahlvorgänge“ für die gesamte Wegekette im Öffentlichen Verkehr (ÖV) abdecken. Dadurch könnten langfristig Vertriebskosten vor Ort gesenkt werden, die Nutzung des ÖV – auch im ländlichen Raum – noch attraktiver gestaltet werden und somit letztendlich mehr Fahrgäste zum Umstieg auf den ÖPNV bewegt werden. Dabei wäre insbesondere darauf zu achten, dass die Entwicklung einer solchen Plattform insbesondere mit der rheinland-pfälzischen Verkehrsbranche vorangetrieben würde, um das erforderliche Know how und die Wertschöpfung hier im Land zu halten. Die Landesregierung sollte als Impulsgeber und Koordinator für das Zusammenspiel von Forschung, Förderung aus Bundes- und EU-Mittel, Kommunen und Verkehrsbetrieben aktiv werden.
Ohne Fahrerin/Fahrer kein ÖPNV
Des Weiteren muss dersich verstärkende Fachkräftemangel in der Verkehrsbranche angegangen werden. Branchenübergreifend suchen die Unternehmen händeringend geeignetes Fachpersonal. Die Verkehrsunternehmen sind sich angesichts dieser Entwicklung bewusst, dass kein Weg daran vorbeiführt, die Nachwuchsgewinnung weiter zu intensivieren. Allerdings können sie diese Herausforderung nicht alleine bewältigen. Die Politik ist hier gefordert, dabei mitzuwirken, dass der Beruf des Kraftfahrers und der Kraftfahrerin in der öffentlichen Wahrnehmung positiver ausgestaltet wird.
Förderung „Saubere Mobilität“
Auch vor dem Hintergrund des Diesel-Abgasskandals kommt dem ÖPNV eine zentrale Rolle bei der Luftreinhaltung und der Reduzierung von Emissionen zu. Rheinland-Pfalz hat heute die älteste Busflotte in ganz Deutschland. Das Durchschnittsalter bei Kraftomnibussen liegt in Rheinland-Pfalz bei 10,6 Jahren. Das Durchschnittsalter bundesweit liegt bei 8,4 Jahren. Unseren Verkehrsunternehmen fehlt aufgrund des hohen Kostendrucks – gerade im ländlichen Raum – vielfach das Geld für Erneuerungsinvestitionen. Alleine aus dieser Tatsache heraus – aber
auch vor dem Hintergrund der Bemühungen der Städte für eine bessere Luftreinhaltung – besteht hier dringender Handlungsbedarf. Die Aufgabenträger und die Städte müssen in die Lage versetzt werden, Erneuerungsinvestitionen vorzunehmen bzw. diese vorzuziehen. Um die Aufgabenträger und die Verkehrsunternehmen dabei zu unterstützen, bedarf es eines dauerhaften und verlässlichen Landesförderungsprogramms, welches an neue Technologien und Klimaschutzbelange gekoppelt sein muss. Dieses muss auch vor dem Hintergrund der drohenden Fahrverbote aufgrund der anhaltenden Überschreitung der Grenzwerte für die Luftqualität in einigen Städten zeitnah umgesetzt werden.
Wir sind der festen Überzeugung, dass es nur mit einem starken Öffentlichen Verkehr gelingen wird, die Herausforderungen durch Klimawandel, Luftverschmutzung, Lärm, Staus sowie begrenzter finanzieller Ressourcen zu meistern und auch in Zukunft verlässliche und bezahlbare Mobilität bereitzustellen.
2. Der Landtag begrüßt:
– die zuletzt getätigte Ausweitung des Rheinland-Pfalz-Taktes;
– die Einigung mit dem Saarland zur Verlängerung der S-Bahn von Homburg nach Zweibrücken;
– die getätigte Erhöhung der finanziellen Ausstattung für den Bau von Pendlerradstrecken;
– die Erhöhung der Mittel für den Straßenbau;
– die Entwicklung einer integrierten Darstellung von allen Informationen zum Thema Mobilität in Form einer Mobilitätslandkarte;
– den zügigen Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Mobilität;
– die Förderung des Einsatzes von Wasserstoff-Bussen im ÖPNV;
– die sukzessive Umrüstung der Dienstwagenflotte der Landesregierung auf Elektrofahrzeuge oder Plug-in-Hybride;
– die Novellierung des Nahverkehrsgesetzes und die Einbeziehung aller Akteure der Verkehrsbranche und der kommunalen Spitzenverbände, sodass das Gesetz im Jahr 2019 in Kraft treten kann;
– das Aktionsprogramm „Saubere Mobilität“, welches die Landesregierung vor dem Hintergrund drohender Fahrverbote gestartet hat.
3. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
– ein Konzept für eine verlässliche und zukunftsfähige Finanzierung für die Verkehrsträger in Zuständigkeit des Landes zu erarbeiten;
– die im Koalitionsvertrag verankerte Wiedereinführung eines Landesprogramms zur Fahrzeugbeschaffung zeitnah umzusetzen, dabei klar zu definieren, welche Antriebstechniken förderungsfähig sind und darauf zu achten, dass auch ein entsprechendes Förderprogramm unkompliziert und praxistauglich ist;
– die Städte bei ihren Bemühungen zur dauerhaften Einhaltung der Grenzwerte zu unterstützen;
– die Entwicklung einer verbund- und länderübergreifenden Plattform, auf der alle Verkehrsangebote angezeigt und in einem Schritt gebucht werden können mit den Verkehrsunternehmen und der Forschung zu initiieren und bestmöglich zu unterstützen;
– den Dialog mit Unternehmen, Verbänden, Kommunen, Wissenschaft, Gewerkschaften und anderen Interessenvertretern über die zukünftigen Mobilitätsanforderungen in Rheinland-Pfalz fortzuführen, um unter dem Titel „Mobilitätskonsens 2021“ eine Grundlage für die Verkehrsinvestitionen der Zukunft zu entwickeln;
– sich im Rahmen der Fachkräftestrategie des Landes mit dem Fachkräftemangel an Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrern zu befassen;
– in Zusammenarbeit mit den verschiedenen betroffenen Akteurinnen und Akteuren die Konzepte zur Sicherstellung eines zukunftsfähigen Mobilitätsangebots im ländlichen Raum weiterzuentwickeln und die Kommunen und Verkehrsunternehmen bei der Etablierung von neuen Angeboten wie Carsharing, Bürgerbusse, und autonomes Fahren im ländlichen Raum zu unterstützen;
– die Erarbeitung eines Radverkehrs-Entwicklungsplans zügig voranzutreiben, dabei mögliche Erfordernisse an die Landesbauordnung zu prüfen und mögliche weitere Maßnahmen in die Wege zu leiten;
– sich auch weiterhin dafür einzusetzen, dass die Anbindung der rheinland-pfälzischen Oberzentren an den Fernverkehr wiederhergestellt beziehungsweise gesichert und verbessert wird.