Frauen verdienen mehr: Gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit unabhängig vom Geschlecht

Der Landtag stellt fest:

Die geschlechtsspezifische Entgeltungleichheit gehört nach wie vor zu den gravierendsten Benachteiligungen von Frauen im Erwerbsleben. Frauen verdienen im Durchschnitt in Rheinland-Pfalz 5 Prozent weniger als Männer für die gleiche Arbeit.

Der vom Statistischen Bundesamt berechnete „Bereinigte Gender Pay Gap“, liegt im Bundesdurchschnitt bei 6 Prozent und in Rheinland-Pfalz knapp über 5 Prozent. Auch wenn das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln den „Bereinigten Gender Pay Gap“ mit ca. 2 Prozent berechnet, ist klar, dass eine Lohnlücke zwischen Frauen und Männern besteht. Diese Lohndifferenz entwickelt sich dann im Laufe des Lebens zu einem „Gender Pension Gap“, denn faktisch beziehen Frauen geringere Renten als Männer.

Es gibt bei Frauen und Männern eine ungleiche Verteilung auf Teilzeitmodelle, Berufe, Branchen und Führungspositionen. Diese ungleiche Verteilung zum Nachteil von Frauen geht insbesondere auf traditionelle Rollenvorstellungen zurück. Häufig sind Frauen zudem in sozialen Berufen tätig, die aufgrund gesellschaftlicher Bewertungen für Arbeit schlechter entlohnt werden als männerdominierte Berufe wie etwa in der IT-Branche oder im Finanzsektor. Hinzu kommt, dass Frauen aus familiären Gründen häufiger in Teilzeit arbeiten. Sie unterbrechen ihre Karrieren oder reduzieren ihre Arbeitszeit oft aufgrund von Sorge- und Pflegetätigkeiten in der Familie, denn beeinflusst von geschlechtsspezifischen Rollenbildern übernehmen in erster Linie Frauen diese Aufgaben. In vielen Fällen gehen damit auch finanzielle Einbußen im Alter einher. Darüber hinaus finden sich Frauen auch seltener in Führungspositionen als Männer.

Mit dem am 6. Juli 2017 in Kraft getretenen Entgelttransparenzgesetz wurde ein erster Schritt gegen geschlechtsspezifische Ungleichheit getan. Durch die Transparenz von Entgelten und Entgeltregelungen sollte die Entgeltgleichheit gefördert werden. Laut dem Bericht der Bundesregierung vom 10. Juli 2019 zur Wirksamkeit des Gesetzes zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern, entfalten die drei Kernelemente des Gesetzes – individueller Auskunftsanspruch, Prüfverfahren und Berichtspflicht – jedoch nicht die gewünschte Wirksamkeit. Unter anderem haben weniger als die Hälfte der befragten Unternehmen eine Überprüfung ihrer Entgeltstrukturen durchgeführt. Offen bleibt auch, mit welchen Instrumenten und nach welchen Kriterien geprüft wurde. Gleichzeitig braucht es aber umfangreiche Maßnahmen, um die benachteiligenden Strukturen am Arbeitsmarkt anzugehen, damit Frauen existenzsichernd erwerbstätig sein können.

Der Landtag begrüßt, dass die eigenständige Existenzsicherung von Frauen ein Leitgedanke der rheinland-pfälzischen Frauenpolitik ist und Chancengerechtigkeit sowie gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt als Grundvoraussetzungen angesehen werden. Um dies zu erreichen, werden zahlreiche Maßnahmen umgesetzt, wie zum Beispiel:

– das landesweite Projekt „Dialog Entgeltgleichheit – Über eine dialogorientierte (Neu-)Bewertung von Arbeit zu Entgeltgleichheit“. Im Rahmen des Projekts werden landesweit und branchenübergreifend kleine und mittlere Unternehmen (KMU), Betriebsräte sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über Entgeltgleichheit bzw. diskriminierungsfreie Vergütung informiert, sensibilisiert und zur Umsetzung von Entgeltgleichheit beraten. Dies geschieht unter anderem durch überbetriebliche Informationsveranstaltungen.

– die Anstrengungen im Bereich „Führen in Teilzeit“. Sensibilität für das Thema und konkrete Maßnahmen zur Unterstützung der Frauen schaffen an dieser Stelle nicht nur mehr Gerechtigkeit, sondern sind ein Standortvorteil für die Unternehmen im Wettbewerb um Fachkräfte.

– das Mentoring-Programm „Mehr Frauen an die Spitze“ oder Berufsorientierungsprogramme wie der Girl‘s Day oder das Ada-Lovelace-Projekt, das mehr Mädchen für ein Studium im Bereich MINT begeistern möchte.

– das Projekt „Führungskompetenz“, mit dem weibliche Nachwuchskräfte in einem branchenübergreifenden und berufsbegleitenden Entwicklungsprogramm zur Übernahme von Führungsaufgaben qualifiziert werden.

– die Beratungsstellen „Neue Chancen in Rheinland-Pfalz“, welche die individuelle Beratung und Unterstützung von Personen aus der sogenannten „Stillen Reserve“ bei der beruflichen Orientierung und beim Wiedereinstieg in das Erwerbsleben unterstützen.

– das „Arbeitsmarktpolitische Programm zur Ein- bzw. Wiedereingliederung von Frauen und Männern in das Erwerbsleben“, in dessen Rahmen Orientierungsseminare für erwerbsfähige Frauen und Männer gefördert werden, die weder Arbeitslosengeld noch Arbeitslosengeld II beziehen und ihre Berufstätigkeit wegen einer mindestens dreijährigen Erziehungs- oder Pflegephase unterbrochen haben.

– das Modellprojekt „Perspektive Wiedereinstieg – Potenziale erschließen“, mit dem unter anderem Menschen in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen unterstützt werden in sozialversicherungspflichtige vollzeitnahe Beschäftigung wechseln zu können.

– die Maßnahmen „FiT – Frauen in Teilzeit“, in der speziell Alleinerziehende in ihrer beruflichen Ein- bzw. Wiedereingliederung unterstützt werden, mit dem Ziel, eine qualifizierte und zukunftsorientierte Ausbildung in Teilzeit und eine sich anschließende Erwerbstätigkeit zu erreichen.

– die Brückenmaßnahmen Bildung und Beratung (B3), die gezielt Akademikerinnen mit Migrationshintergrund, die in ihrem Heimatland Geistes- oder Sozialwissenschaften studiert haben, beim Einstieg in eine qualifizierte Erwerbstätigkeit unterstützen.

– die Runder-Tisch-Gespräche der Landesregierung, den IHKs, den HWKs, der Gewerkschaft und der Bundesagentur für Arbeit zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

– die Förderung der „Online Beratung“ für Alleinerziehende des Verbands Alleinerziehender Mütter und Väter, durch die den Alleinerziehenden wirksam und unkompliziert Hilfe zur Verfügung gestellt wird.

– die Maßnahmen der Landesregierung zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, insbesondere die Gebührenfreiheit für Kitas ab dem 2. Lebensjahr, die Konkretisierung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz mit regelmäßig sieben Stunden am Stück und die Förderung von Maßnahmen der Kommunen für mehr Familienzeit.

Weiterhin begrüßt der Landtag ausdrücklich, dass sich die rheinland-pfälzische Wirtschaft im Bereich „Diversity Management“ zukunftsfähig aufstellt. So ist mit der Initiative „Chefsache“ zum Beispiel ein Netzwerk von Führungskräften aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlichem Sektor und Medien entstanden, welches sich für Chancengerechtigkeit von Frauen und Männern einsetzt. Gemeinsam mit den Sozialpartnern setzt sich der Landtag dafür ein, noch vorhandene Hürden abzubauen.

Der Landtag sieht das Engagement der Gewerkschaften und Personal- und Betriebsräte zur Beseitigung von bestehenden Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern auch als sehr wichtig an.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

– einen detaillierten Überblick (statistisch-analytisch) über die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern in Rheinland-Pfalz in Zusammenarbeit mit dem Statischen Landesamt zu erarbeiten. Ein geringer finanzieller Spielraum geht mit einer Einschränkung gesellschaftlicher Teilhabemöglichkeiten einher. Deswegen ist es von besonderer Bedeutung, das Ausmaß des Verdienstdifferentials von weiblichen und männlichen Beschäftigten in unserem Land genauer zu quantifizieren und die den Differenzen zugrunde liegenden Ursachen zu ermitteln. Diese detaillierteren Ergebnisse können als Basis für die Entwicklung von konkreten politischen Initiativen genutzt werden;

– als Arbeitgeberin als Vorbild voranzugehen, die Zugangschancen der Frauen zu leitenden Positionen in der öffentlichen Verwaltung auch zukünftig gleichberechtigt zu ermöglichen;

– weiter für gleichberechtigte Entgeltstrukturen in Betrieben und Unternehmen zu werben;

– sich weiter für eine Förderung einer klischeefreien Berufswahl einzusetzen, das heißt einer Berufswahl nach Interessen und Fähigkeiten und die entsprechenden Maßnahmen auf Landesebene fortzuführen (unter anderem gendersensible Berufsberatung, Sensibilisierung der Fachkräfte in der Berufsberatung und Berufsorientierung);

– sich auf Bundesebene für die Reform des Gesetzes zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern (Entgelttransparenzgesetz – EntgTranspG) einzusetzen, zum Beispiel durch die Präzisierung der Kriterien zur Feststellung von „gleicher“ und „gleichwertiger“ Arbeit;

– sich auf Bundesebene weiter für die deutliche Aufwertung der sozialen Berufe einzusetzen, denn hier arbeiten hauptsächlich Frauen und diese Jobs sind generell schlechter bezahlt. Die heutige Bezahlung in den „Kümmerer-Berufen“ wird deren Professionalität und ihrer Verantwortung für unser aller Wohl nicht gerecht. Die Ausbildungsreform im Pflegebereich ist dafür ein erster Schritt.

 

Es handelt sich um einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen der SPD, FDP und Bündnis90/DIE GRÜNEN.